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    Newsletter 23 - 24. November 2014

 
 
 
 

Newsletter 23 - 24. November 2014

 
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  Verbeulte Kirche: Caritas-Forum in Braunfels befasste sich mit Evangelii Gaudium


Gespannt verfolgten die knapp 70 Teilnehmer das Expertengespräch. (Foto: P.M. Schubert)

„Mir ist eine »verbeulte« Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.“ – Dieses Zitat von Papst Franziskus aus „Evangelii Gaudium“ griff zum Einstieg Heinrich Arndt, Geschäftsführer des Caritasverbandes Wetzlar/Lahn-Dill-Eder, beim Caritas-Forum „Ist die Kirche bereit für diesen Papst?“ in Braunfels am 18. November 2014 auf, illustriert es doch anschaulich eine der Kernbotschaften des Papstes. Arndt betonte in seiner Begrüßung, dass die Aussagen des Apostolischen Schreibens und das Handeln des Papstes eine große Nähe zum Programm der Caritas haben, was zugleich auch eine politische Stärkung für deren Arbeit sei.

Beim Expertengespräch gaben Prof. em. Dr. Michael Sievernich SJ und Bezirksdekan Dr. Christof May den knapp 70 Teilnehmern der Veranstaltung zahlreiche Einblicke und Erläuterungen zu den Hintergründen und dem Auftrag des Apostolischen Schreibens.

Professor Sievernich, der den Papst bereits seit 1986 aus einem persönlichen Gespräch kennt, betonte insbesondere die lateinamerikanischen Wurzeln, aus denen heraus die Philosophie Franziskus erklärbar ist. Neben der Sozialfrage und der Armutsfrage, der politischen Situation und der Terrorproblematik bringe der Papst als Hintergrund und Inspiration die Spiritualität des Ignatius von Loyola mit. „Es geht um Glauben und Gerechtigkeit, die untrennbar miteinander verbunden sind, die die Bewahrheitungskriterien der Kirche sind, so wie Verkündigung, Liturgie und Diakonie beziehungsweise Caritas untrennbar sind“, so Sievernich. Papst Franziskus sei in seinem Handeln, Auftreten und in seinen Worten authentisch und präge einen neuen Stil, der sich auch in seinem einfachen Kleidungsstil, einer einfachen Sprache und dem Prinzip zeige, Anderen nahe zu sein. Es gehe um die Weitergabe und das Umsetzen des Evangeliums im eigenen Leben, es gehe darum, dass die Kirche wegkommt von ihrer Selbstbezogenheit, und dass sie an die Grenzen und Ränder geht zu sozial Bedürftigen, zu den Ausgegrenzten und psychisch Bedürftigen, erläuterte Sievernich. All diese Themen finden sich in Evangelii Gaudium programmatisch wieder.

Bezirksdekan May ging insbesondere auf drei Punkte ein, die in diesem Zusammenhang für die Arbeit vor Ort unerlässlich seien: die diakonische Dimension mit der Frage des Umgangs mit Flüchtlingen und den Menschen am Rand der Gesellschaft, die Herausforderungen der Stadtkultur sowie die missionarische Neuausrichtung. May betonte, dass die ersten Adressaten des Evangeliums die Armen, die Bedrängten sind. Dabei verwies er auf den Kernsatz in Evangelii Gaudium, nicht mehr mitleiden zu können, und die damit verbundene Aufforderung, hier die Nähe zu suchen zu denen, die der Hilfe bedürfen. Drogen, Kriminalität, Missbrauch und eine „Wellness-Spiritualität“, das sind die Probleme, die sich insbesondere in Städten auftun. Hier sei die Kirche gefragt, stärker vor Ort präsent zu sein. Allerdings machten diese Probleme nicht an städtischen Grenzen Halt – weshalb es nach Mays Ansicht fatal wäre, wenn sich die Kirche auf dem Land zurückzöge. „Wir brauchen eine missionarische Neuausrichtung, und es ist gut, dass wir die professionelle Caritasarbeit haben – und dadurch nah bei den Menschen sind und das Evangelium zu den Menschen bringen.“ Allerdings warnte der Bezirksdekan vor gesellschaftlichen Tendenzen, statt selbst mit anderen „mitzuleiden“ und aktiv zu werden, lieber auf die professionelle Hilfe der Caritas zu verweisen nach dem Motto „Geh doch zur Caritas, wenn du ein Problem hast“: „Damit ist die Gesellschaft fein aus dem Schneider!“, so May. May betonte, dass eine arme Kirche für die Armen nicht per se materielle Armut bedeuten müsse: Die Kirche müsse seiner Ansicht nach das vorhandene Geld geschickt einsetzen, um die „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu ermöglichen.

Mit Blick auf den Papst-Appell „Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen“ fragte Michael Sievernich, ob es sich Gesellschaften überhaupt leisten können, so viele Menschen auszuschließen, oder ob nicht gerade daran die Gesellschaft als Ganze kollabierte. Dieser Ausschluss der Armen ist nach seiner Ansicht fatal und käme einer „himmelschreienden Sünde“ gleich.

In seinem Schlusswort stellte Diözesancaritasdirektor Dr. Hejo Manderscheid die Frage: „Wo ist der Ort von Kirche und Caritas in unserer Gesellschaft und in unserem Staat? Sind wir nur staatstragend, oder gehen wir den Weg für die Armen mit, sind wir aufmüpfig und widersprechen?“ Manderscheids Eindruck sei, dass insgesamt die Bereitschaft wächst, „sich Beulen zu holen“. „Wir müssen an die Ränder gehen, die Augen aufmachen und uns berühren lassen von Not und Scheitern – selbst wenn wir an die Grenzen unseres Glaubens kommen“, betonte Manderscheid. „In Evangelii Gaudium schreibt der Papst dazu: »Es ist wahr, dass es oft so scheint, als existiere Gott nicht: Wir sehen Ungerechtigkeit, Bosheit, Gleichgültigkeit und Grausamkeit, die nicht aufhören. Es ist aber auch gewiss, dass mitten in der Dunkelheit immer etwas Neues aufkeimt, das früher oder später Frucht bringt.« – Diese Kraft der Auferstehung, die wünsche ich uns, damit wir auch in Zukunft an die Ränder gehen und die Option für die Armen leben und umsetzen“, so der Diözesancaritasdirektor.


 
 
   

Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Limburg e.V.
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