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    Newsletter 3/2016 - 23. Februar 2016

 
 
 
 

Newsletter 3/2016 - 23. Februar 2016

 
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  Mehr als 80 Fachleute der Psychologischen Beratungsdienste beim Studientag "Trauma?! Erkennen, verstehen und beraten"


Riesiges Interesse am Studientag im Wilhelm-Kempf-Haus mit über 80 Beratungsprofis.

Sie kommen mit Nöten und Sorgen in eine Beratungsstelle der Psychologischen Beratungsdienste - und wissen es selbst häufig nicht einmal: Dass der Grund ihrer Probleme viel tiefer, in einem traumatischen Erlebnis liegen kann. Wie die Berater-Profis diese Trauma-Folgestörungen erkennen können, welche Unterstützung sie leisten können, und welches Wissen sie hierfür brauchen, das war Thema des Studientages "Trauma?! Erkennen, verstehen und beraten" im Januar 2016 im Wilhelm-Kempf-Haus, veranstaltet von der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Psychologischen Beratungsdienste im Bistum Limburg (DiAG Beratung). Bei der völlig ausgebuchten Veranstaltung nahmen mehr als 80 Beraterinnen und Berater der Psychologischen Beratungsdienste sowie der verschiedenen Beratungsangebote der Caritas im Bistum Limburg teil. Als ausgewiesene Expertin eingeladen war die Vorsitzende der "Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation (DGTD)",  Michaela Huber, die als Psychologin und psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin und Ausbilderin in Traumabehandlung langjährige Praxiserfahrung und umfangreiches wissenschaftliches Know-how hat zur Entstehung und Erkennung von Traumata sowie zum Umgang in der konkreten Beratungsarbeit. In ihrem spannenden Vortrag griff Huber auch die Fragen und Ergebnisse auf aus den drei Workshops vom Vormittag "Trauma und Paarberatung", "Trauma und Migration/Flucht" sowie "Traumatisierte Familien in der Beratung", die von drei Fachleuten aus der Praxis gestaltet und moderiert wurden.

"Trauma, das ist ein Thema, das in immer mehr Bereichen unserer Gesellschaft, nicht zuletzt im Kontext der Flucht- und Migrationsbewegungen, an Aufmerksamkeit gewinnt und damit auch an der Notwendigkeit, sich näher mit diesem Phänomen zu befassen", betonte Simon Rüffin, Vorsitzender der DiAG Beratung, in seiner theologischen Hinführung. Der Begriff "Trauma" findet sich, so Rüffin, im Alten Testament nicht direkt wieder, was insofern nicht verwunderlich ist, da in der Bibel keine eindeutigen Krankheitsbilder im Sinne heutiger medizinischer oder psychologischer Diagnostik dargestellt werden. Allerdings lassen sich sehr wohl individuelle und kollektive traumatische Ereignisse finden, so beispielsweise infolge der Eroberung der Stadt Jerusalem und der Zerstörung des Tempels in den Jahren 587/586 v. Chr. durch die Babylonier, wie Rüffin erläuterte. Gewalt, Krieg, Zerstörung, Verschleppung und Verfolgung würden mal mehr, mal weniger direkt ausgesprochen. "So kam ich zu den Verschleppten, die in Tel-Abib wohnten, und ich saß dort sieben Tage lang verstört mitten unter ihnen", so heißt es im Buch Ezechiel 3,15 sehr konkret. Die Auseinandersetzung mit dem traumatisch Erlebten erfolge, so der Vorsitzende der Diözesan-AG, im Ringen mit Jahwe als Gott Israels. Dadurch könne sich die traumatische Erstarrung des Einzelnen lösen und eine neue Sichtweise auf das Erlebte eröffnen. "Auch wenn die biblischen Aussagen kein Konzept zum Umgang mit traumatisierten Klienten in der Beratung begründen, liegt jedoch in der dargestellten Vielschichtigkeit ein unterstützender Zugang, der die gleiche Zielperspektive hat: die Integration des Traumas, sodass Leben neu möglich wird", so Simon Rüffin.

In ihrem Vortrag "Trauma und Beratung" erläuterte Michaela Huber, dass beim Entstehen eines Traumas das Gehirn mit "toxischem Stress" überflutet wird:  Das Bewusstsein wird ausgeschaltet, es kommt beispielsweise zu Schockstarre, Flucht- oder Kampfreflexen oder totalem Zusammenbruch, zugleich nimmt die Schmerzwahrnehmung ab und die Gedächtnisspeicherung erfolgt nur noch fragmentarisch. "Ein Trauma ist eine Wunde, nicht das Ereignis selbst ist das Trauma, sondern die körperlichen und seelischen Folgen!", betonte die Expertin. Diese äußern sich bei den Betroffenen in Schlafstörungen, Depressionen, Angststörungen, Selbstverletzungen, Problemen am Arbeitsplatz oder in der Beziehung. Auch die Flucht in Alkohol, Medikamente oder Drogen sind, so Huber, Anzeichen dafür, dass eine "Posttraumatische Belastungsstörung" vorliegt.

Was aber tun, um ein Trauma zu überwinden? Hierfür braucht es nach Ansicht der Fachfrau Huber soziale Unterstützung, das Trauma muss vom Betroffenen realisiert werden, wobei als Maxime gilt: Erst stabilisieren, dann das Trauma prozessieren und dabei die Funktionsfähigkeit im Alltag wiederherstellen oder erhalten. Die Berater in den Psychologischen Beratungsdiensten haben dabei die wichtige Funktion, Traumata zu erkennen und eine Trauma-Therapie zu vermitteln. Erst dann können sie die Probleme angehen, mit denen die Klienten zu ihnen gekommen sind. Aufgabe der Berater ist, wie Huber betonte, keinesfalls die Therapie des Traumas. Beratung und Therapie haben aus ihrer Expertise heraus gesehen allerdings auch Gemeinsamkeiten: Es geht um Zuhören, vorurteilsfreies Annehmen, Freundlichkeit, Sorgfalt und das Besprechen von Möglichkeiten und Grenzen. Klienten müssen dabei unterstützt werden, dass sie ihr bisheriges, selbstdestruktives Verhaltens- und Kommunikationsmuster erkennen, sich davon distanzieren und es positiv verändern. Zudem ist Aufgabe von Beratung und Therapie gleichermaßen, Klienten zu einer besseren Alltagsbewältigung zu befähigen und ihnen Selbstvertrauen bei diesen Schritten zu geben.

Ziel der Beratung ist somit, die Traumatisierten zu stabilisieren, sodass sie während oder nach einer Traumatherapie die übrigen Probleme und ihren Alltag in den Griff bekommen können.

Huber griff in ihrem Vortrag auch auf die Fragen der Teilnehmer aus den Workshops vom Vormittag auf. Diese wurden inhaltlich vorbereitet und moderiert unter fachkundiger Anleitung von Jutta Bücker-Scholz, die Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin ist und in einer Ehe-, Familien- und Lebens-Beratungsstelle im Bistum Münster sowie als selbstständige Therapeutin in ihrer Praxis arbeitet (Workshop "Trauma und Paarberatung"). "Trauma und Migration" war der Workshop von Markus Göpfert aus dem Bistum Trier, der als Diplom-Sozialpädagoge, System- und Familienberater sowie Supervisor seit zwanzig Jahren in der Arbeit mit Flüchtlingen tätig ist. Zudem hat er 2001 das Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge beim Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e. V. in Mayer aufgebaut und leitet dieses. Den dritten Workshop "Traumatisierte Familien in der Beratung" gestaltete die Sozialpädagogin und Diplom-Psychologin Birgit Pinschmidt, sie arbeitet seit 1999 im Heilpädagischen Institut im Hofheimer Vincenzhaus des Caritasverbandes Frankfurt e. V. und hat eine eigene Praxis in Mainz.

Weitere Informationen: Eva Hannöver-Meurer • Referentin Psychologische Beratungsdienste im Diözesancaritasverband Limburg • Telefon: 06431 997-274 • eva.hannoever-meurer@dicv-limburg.de


 
 
   

Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Limburg e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Text und Redaktion:
Petra M. Schubert
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