Caritas-Newsletter


Lesen, was Caritas bewirkt

    Newsletter 17/2016 - 20. September 2016

 
 
 
 

Newsletter 17/2016 - 20. September 2016

 
1
  "We are family!": KTK-Dialogforum nahm Familienbilder in den Blick


Bis auf den letzten Platz ausgebucht: das Dialogforum im Wilhelm-Kempf-Haus.

Familie, das sind Vater, Mutter, Kind - oder vielleicht doch nicht? Oder vielleicht ganz anders? Vater, Mutter, Kind, das ist eines von vielen Familienleitbildern. Und es ist ein Modell, das in der Realität tatsächlich anders aussehen kann und häufig auch anders aussieht. Welche persönlichen und gesellschaftlichen Vorstellungen es zur Familie gibt, und wie das in der (Kita-)Praxis ankommt, damit beschäftigten sich die 80 Teilnehmer des Dialogforums "We are family!? - Familienleitbilder", zu dem die KTK-Diözesan-AG Limburg nach Wiesbaden-Naurod eingeladen hatte.

"Es braucht eine radikale Akzeptanz der Formenvielfalt von Familie und eine Rückkehr zur Normallität der Vielfalt." Das sagte Prof. Dr. Norbert F. Schneider, Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, in seinem Vortrag. "Familienleitbilder", das ist ein "Bündel aus kollektiv geteilten Vorstellungen des Normalen, Erwünschten und konkret Möglichen", so Schneider. Aber sie sind vor allem ein wesentlicher Teil der sozialen Identität und zugleich ein Orientierungspunkt im Leben. "Leitbilder sind in sich widersprüchlich und oft überfrachtet mit Erwartungen, die in der Realität so nicht erfüllt werden können", betonte der Fachmann. Hier zeigt sich die Diskrepanz und das große Spannungsfeld zwischen (Wunsch-)Vorstellung und Wirklichkeit. So gibt es viele verschiedene Familienformen - Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Mehrgenerationen-/Groß-Familien und "Regenbogenfamilien". Und diese Lebensmodelle können sich im Lauf des Lebens auch verändern.

Jedoch: Wenn es um das Kindeswohl geht, ist es nicht wichtig, welche Konstellation eine Familie hat, betonte Schneider. Wesentlich für das Wohlergehen des Kindes ist, dass es in guten materiellen Lebensbedingungen aufwächst - und vor allem, dass die Eltern zufrieden sind. Der gesellschaftliche wie auch persönliche Druck auf Eltern ist groß, konstatierte der Bevölkerungsforscher: "Die aktuellen Diskussionen über Eltern und Elternschaft, über Kinder und Kindheit sind geprägt von einer Mischung aus Leistungsorientierung, Pflichterfüllung, defizitären Aspekten und Alarmstimmungen", so Schneider. "Wir brauchen daher eine neue Form von Gelassenheit im Umgang mit dem Elternsein und den Erwartungen an Eltern und Kinder."

Doch wie gehen die Einrichtungen und Beratungsstellen mit diesem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch vom klassischen Familienbild und der abweichenden Realität um? "Wir nehmen die Familien, die zu uns kommen, einfach so an, wie sie sind", sagte Birgit Callen, Leiterin der katholischen Kita St. Walburgis in Wetzlar-Niedergirmes. "Die Vielfalt der Familienformen in unserer Kita sind keine Belastung, im Gegenteil, sie bereichern unser Miteinander und tragen zu Akzeptanz und Toleranz bei." Therese Weleda von der Katholischen Familienbildungsstätte Limburg, Wetzlar, Lahn-Dill-Eder betonte: "Es ist wichtig, den Blick von den Eltern auf die Kinder zu lenken und das Vertrauen bei den Eltern in ihre eigene Erziehungsfähigkeit zu stärken, damit sie auch wieder Spaß an der Erziehung haben." Michael Kraus, Leiter der Frankfurter Caritas-Erziehungsberatungsstelle Nordweststadt, bekräftigte das: "Wir müssen den Leistungsdruck  bei den Eltern wegnehmen, wir müssen sie in ihrem Tun bekräftigen und sie begleiten." Die Praktiker waren sich einig, dass es keine Patentrezepte für den Umgang mit den verschiedenen Familienleitbildern gibt. Es geht darum, zu einer echten "Erziehungspartnerschaft" zu kommen - und immer das Kindeswohl im Blick zu haben. "Eltern müssen von dem ganzen Ballast der eigenen wie auch gesellschaftlichen Ansprüche befreit werden, um wieder Lust an der Erziehung zu bekommen", so die Fachleute. "Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch." Zugleich warnten sie davor, die Kita mit unerfüllbaren Erwartungen zu überfrachten, denn die Erziehungs-Hauptverantwortung liegt bei den Eltern, die Kita ist kein Kompensationsbetrieb.

Norbert Schneider betonte in seinem Fazit: "Zu viel Protektionismus und eine weitere Romantisierung von Kindern und Kindheit sind kontraproduktiv für das Kindeswohl, zugleich muss der Erwartungsdruck an die Eltern genommen werden, und Eltern wie auch Gesellschaft müssen akzeptieren lernen, dass »Familie« vielfältig und wandelbar ist - und sich im Lauf des Lebens auch verändern kann." Aber: Familie ist nicht nur eine private oder gesellschaftliche Sache: "Der an der Nachfrage und den Bedarfen der Familien orientierte Ausbau der Kinderbetreuung ist weiterhin eine wichtige und zentrale Aufgabe der Familienpolitik, sie ist gefordert, auf die Lebensrealitäten adäquat zu reagieren und zu handeln", so der Direktor des Bundesinstituts.

"Familien sind heterogen, »die Familie« gibt es nicht, das haben unser Dialogforum und Ihre vielfältigen Beiträge und Inputs gezeigt", sagte Pfarrer Alfred Much, Vorsitzender der KTK-Diözesan-AG. "Daraus ergeben sich Anforderungen an die katholischen Kitas, die zugleich viele Fragen bezüglich der konzeptionellen und personellen Weiterentwicklung aufwerfen." Much kündigte an, dass die KTK-Diözesan-AG diese Fragen aufgreifen wird und über mögliche Antworten intensiv weiterdiskutieren wird.

Die Präsentation von Prof. Dr. Norbert Schneider als Download: www.dicv-limburg.de/kinderhilfe

Weitere Informationen: Eva Hannöver-Meurer • Geschäftsführerin der KTK-Diözesan-AG • Telefon: 06431 997-274 • eva.hannoever-meurer@dicv-limburg.de


 
 
   

Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Limburg e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Text und Redaktion:
Petra M. Schubert
Telefon: 06431 997-113 • Telefax: 06431 997-114
pressestelle@dicv-limburg.dewww.dicv-limburg.de
Graupfortstraße 5 • 65549 Limburg

 
 
Wollen Sie diesen Newsletter in Zukunft nicht mehr erhalten, dann klicken Sie bitte hier !