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    Newsletter 26/2015 -18. Dezember 2015

 
 
    Inhalt
   
  1. Syrien: Gezwungen zu fliehen?! - Caritas-Forum befasste sich mit Fluchtursachen und Perspektiven
  2. "GreisenJung - Ein neues Für- und Miteinander der Generationen": CKD-Handbuch erschienen
 
 
 

Newsletter 26/2015 -18. Dezember 2015

 
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  Syrien: Gezwungen zu fliehen?! - Caritas-Forum befasste sich mit Fluchtursachen und Perspektiven


Spannende Talkrunde am Caritas-Forum mit Gaby Hagmans, Abdul Issa, Moderator Torsten Gunnemann, Angela Gärtner und Andreas Böss-Ostendorf (von links). (Foto: Petra M. Schubert).

Warum verlässt ein Mensch seine Heimat und flieht, auf einem Weg voller Strapazen und Risiken, in eine ungewisse Zukunft in einem fremden Land? Mit dieser Frage beschäftigten sich gut 60 Teilnehmer beim Caritas-Forum "Gezwungen zu fliehen? Warum Syrer ihre Heimat verlassen" am 14. Dezember in Frankfurt. Als Expertin war Angela Gärtner von Caritas international gekommen, um hautnah aus ihrer praktischen Arbeit und über die Situation in der Krisenregion um Syrien zu berichten. Gärtner, die bereits seit 2012 die Nothilfe und die soziale Facharbeit im Irak sowie in Jordanien und dem Libanon organisiert, schilderte mit erschreckenden Zahlen die dramatische Situation der syrischen Zivilbevölkerung, die die Hauptleidtragende ist. "Warum verlassen Syrer ihr Land?" - die Antwort auf diese Frage zeigten die Situationsbeschreibung der Syrien-Expertin Gärtner und die Talkrunde, an der neben Gärtner die Frankfurter Caritasdirektorin Gaby Hagmans, der Frankfurter Rechtsanwalt Abdul Issa und Andreas Böss-Ostendorf von der Frankfurter Stadtkirche teilnahmen.

"Alle 15 Sekunden wird ein Syrer zum Flüchtling, vier von fünf Syrern leben heute in Armut, die Hälfte aller Syrer haben ihr Zuhause verloren, und 50 Prozent der syrischen Flüchtlinge sind Kinder, wobei ein Viertel aller syrischen Kinder schon seit mehr als drei Jahren nicht mehr zur Schule gehen können", so Gärtner. 13,5 Millionen -  mehr als die Hälfte der noch in Syrien lebenden - Menschen sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen, 8 Millionen Syrer sind Inlandsvertriebene, 4 Millionen Syrer sind in andere Länder geflüchtet und 1,3 Millionen Syrer haben Unterschlupf gefunden in Gastgemeinden im Libanon und Jordanien. Eine katastrophale Situation - vor allem, weil Syrien wie auch Libanon und Jordanien auf internationale Hilfen zum Überleben angewiesen sind - und die UN-Staaten bislang lediglich höchstens 50 Prozent an finanzieller Unterstützung leisten. Und die Not in Syrien ist groß: Die Menschen leben teils in Flüchtlingslagern, aber das Gros der Bevölkerung wohnt in zerstörten Häusern ohne Fenstern, Strom, Wasser und Heizung oder in notdürftigen Baracken und Zelten. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal, und auch die Versorgung mit Lebensmitteln oder Medizin ist ungenügend. Aufgrund der schwierigen Lage und der beengten Wohnsituation werden, so Gärtner, häufig Kinder und Frauen Opfer von Gewalt und Missbrauch. Caritas international hilft daher zum einen mit Nahrungsmitteln und Lebensmittel-Gutscheinen, mit Decken und warmer Bekleidung, mit Hygiene-Artikeln oder Kochzubehör. Zum anderen unterstützen die Caritasmitarbeiter vor Ort mit medizinischer, psychosozialer und Trauma-Betreuung.   Zudem ermöglicht Caritas international den Kindern mit Schulbeihilfen den kostenpflichtigen Schulbesuch.

Die spannende Talkrunde beim Caritas-Forum beschäftigte sich mit der Situation der syrischen Flüchtlinge, die es nach Hessen geschafft haben. "Wir reden über Integration der hier Ankommenden, von denen 80 bis 90 Prozent schwer traumatisiert sind", sagte der Rechtsanwalt und gebürtige "Frankfurter Syrer",  Abdul Issa. "Aber wenn wir es nicht schaffen, die Traumata aufzuarbeiten, dann kann uns die Integration nicht gelingen." Menschen brauchen Sicherheit, das Vertrauen in einen Staat, dass sie geschützt sind vor Repressalien und Verfolgung. Wie das in der Praxis aussieht, erlebt Abdul Issa Tag für Tag: Seit mehr als 20 Jahren ist er tätig als Rechtsanwalt für Asyl- und Ausländerrecht und betreut insbesondere sehr viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UmA) als Pfleger und Mitvormund. Die ständige Ungewissheit, ob Menschen abgeschoben werden oder ständig in eine neue Umgebung kommen, die unzulängliche Unterbringung in Flüchtlingsunterkünften ohne Privatsphäre und mit Konflikten der verschiedenen Ethnien, keine Beschäftigungsmöglichkeit und ohne Perspektiven tragen zur Unsicherheit wesentlich bei und befördern eine Retraumatisierung.

Traumatischen Erfahrungen begegnet auch Gaby Hagmans, Direktorin des Caritasverbandes Frankfurt, in ihren Gesprächen mit Flüchtlingen in den Caritas-Einrichtungen sowie den Notunterkünften und Angeboten, die der Verband betreut. "Wir beraten und unterstützen die Menschen psychosozial, wir versuchen, ihnen eine sinnvolle Beschäftigung zu vermitteln, ihnen eine Tagesstruktur zu geben und ihnen Perspektiven für ihre Integration hier in unserem Land zu eröffnen", so Hagmans. "Die Schilderungen von Angela Gärtner zeigen erschreckend auf, wie viele Gebiete in Syrien vom IS besetzt sind - und wie schwierig es ist, eine Perspektive für das Land zu finden", sagte die Caritasdirektorin. "Um so wichtiger und wertvoller ist der enorme Einsatz von Caritas international und anderen NGO's, die den Menschen Perspektiven und Alternativen aufzeigen." 

"Die Arbeit von Caritas international in Syrien hat Parallelen zu unserer Arbeit hier", sagte Andreas Böss-Ostendorf von der Frankfurter Stadtkirche. "Wir erleben, dass sich für viele Flüchtlinge durch die ständige Veränderung ihrer Unterbringung sozusagen ihre ungewisse Zukunft fortsetzt." Böss-Ostendorf betonte, dass das große, vielfältige ehrenamtliche Engagement eine wichtige Ergänzung der hauptamtlichen Arbeit in den Notunterkünften und sonstigen Angeboten ist. Daher sollten sich alle hauptamtlichen Träger überlegen, wie sie Freiwillige gut und sinnvoll einbinden können.

"Wir schaffen das! Dieser Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, diese  klare Positionierung macht Mut - und appelliert an uns alle: Wenn nicht wir,  wer schafft es dann?", das betonte Diözesancaritasdirektor Dr. Hejo Manderscheid. Die aktuellen Herausforderungen haben, so Manderscheid, viele eingespielte Rollen in Staat, Kirche, Gesellschaft sowie Haupt- und Ehrenamt auf den Kopf gestellt, sie haben zu vielen Überraschungen geführt. Genauso zu vielem Entsetzen, was den Rechtsruck und die Pegida-Demonstrationen angeht, und sie haben offenbart, was nicht funktioniert bei der Aufnahme der Schutzsuchenden, beispielsweise durch eine überbordende oder unkoordinierte Bürokratie. "Diese Herausforderungen haben uns aber ebenso wieder ins Bewusstsein gerückt, was uns unsere Werte - Demokratie, Sicherheit, Reisefreiheit, Meinungsfreiheit - tatsächlich wert sind", so der Diözesancaritasdirektor. "Jetzt kommt es darauf an, die positive Stimmung aufrecht zu erhalten gegen alle Ängste und Befürchtungen, ohne jedoch berechtigte Kritik zu ignorieren. Zudem muss das Regelsystem, also beispielsweise die Kitas und das Gesundheitssystem, so ausgestattet werden, dass dieses die neuen Aufgaben übernehmen kann." Manderscheid äußerte sich positiv, dass der Aktionsplan der hessischen Landesregierung auch den Blick in die Zukunft richtet: "Aktionsplan für Flüchtlinge und gesellschaftlichen Zusammenhalt, dieser Titel verdeutlicht, dass Flüchtlinge zu unserer Gesellschaft gehören - aber um das zu erreichen, muss für das Ziel des gesellschaftlichen Zusammenhalts im aktuellen Aktionsplan finanziell nachgesteuert werden, und dafür setzen wir uns politisch ein."

Als Einstieg in das Caritas-Forum hatte Angela Gärtner die Entwicklungen im Nahen Osten seit 2011 skizziert, die ursächlich für die gesamte derzeitige Situation sind. Insbesondere die schlechte wirtschaftliche Lage, die hohe Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption, Repression und ein Klima von Angst, Misstrauen, Einschüchterung und Entwürdigung sowie die Dominanz einer kleinen korrupten und reichen Macht-Elite führten zu Unruhen und Auflehnung der benachteiligten Bevölkerung. Gerade die Generation der gebildeten 20- bis 35-Jährigen hat aufgrund von hoher Arbeitslosigkeit von bis zu 90 Prozent kaum Perspektiven. Hinzu kommt, so Gärtner, dass das Assad-Regime gezielt die ethnischen Gruppen und verschiedenen Konfessionenen gegeneinander aufstachelte und extremistische Gruppierungen wie al-Quaida und der Islamische Staat nach Syrien infiltrierten. Der Syrienkrieg ist zudem ein Stellvertreterkrieg um die Dominanz in der Region, die Iran und Saudi-Arabien für sich beanspruchen.

Und wie geht es weiter? Gärtner äußerte sich bedingt hoffnungsvoll: Die letzten Entwicklungen auf internationaler Ebene sind ein positives Signal - so der Einstieg von Russland mit diplomatischen Bemührungen, die Teilnahme Irans an gemeinsamen Gesprächen auch mit dem Erzfeind Saudi-Arabien in Wien im Oktober und die Bereitschaft der syrischen Oppositionsgruppen zu Verhandlungen mit dem Regime in Damaskus. Eine Befriedung dauert aber aus Sicht der Expertin noch sehr viele Jahre - dafür ist die gesellschaftliche, wirtschaftliche und vor allem politische Situation zu vielschichtig und von zu vielen Faktoren beeinflusst.

Das Caritas-Forum wurde gemeinsam veranstaltet vom Diözesancaritasverband Limburg und dem Caritasverband Frankfurt.

Weitere Informationen: Torsten Gunnemann (Fachbereichsleiter Gemeindecaritas und Bildung) • Telefon: 06431 997-116 • torsten.gunnemann@dicv-limburg.de

Informationen zur Arbeit von Caritas international: http://www.caritas-international.de/


 
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  "GreisenJung - Ein neues Für- und Miteinander der Generationen": CKD-Handbuch erschienen


"GreisenJung - Ein neues Für- und Miteinander der Generationen" - das ist der Titel des neuen CKD-Handbuchs, das ab sofort erhältlich ist. Die 77-seitige Publikation des Ehrenamtlichen-Netzwerks zur Caritas-Kampagne 2016 "Mach dich stark für Generationengerechtigkeit" gibt  in acht Fachartikeln Informationen unter anderem zur generationengerechten Verteilung von finanziellen Ressourcen, zu Stichworten wie "Caring Communities" oder zu Ehrenamt und Generationenpotenzialen. Wichtiger Bestandteil des Handbuchs ist, Ehrenamtlichen in Praxisbeispielen konkrete Anregungen und Ideen für ihre eigene Arbeit mit und zwischen den Generationen zu geben. Abgerundet wird das Ganze durch Gebete, Zitate und Texte sowie spirituelle Bausteine zur Gestaltung von Gottesdiensten oder Gruppenabenden. Zahlreiche Tipps für Methoden und Aktionen ergänzen das Praxisbuch.

Die Broschüre kann zum vergünstigten Preis von 8,50 Euro (regulär: 10,50 Euro) bestellt werden bei: Doris Fuchs • 06431 997-189 • doris.fuchs@dicv-limburg.de


 
 
   

Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Limburg e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Text und Redaktion:
Petra M. Schubert
Telefon: 06431 997-113 • Telefax: 06431 997-114
pressestelle@dicv-limburg.dewww.dicv-limburg.de
Graupfortstraße 5 • 65549 Limburg

 
 
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