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    Newsletter 16/2016 - 14. September 2016

 
 
 
 

Newsletter 16/2016 - 14. September 2016

 
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  Bundesteilhabegesetz: Sparen zulasten von Menschen mit schweren Behinderungen?


Die Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bewirbt das BTHG.

Eigentlich soll es wesentliche Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen bringen, das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG), dessen Entwurf seit Ende Juni vorliegt, und das zum 1. Januar 2017 stufenweise in Kraft treten soll. Eigentlich. Dabei ist das Anliegen der Bundesregierung zuerst einmal zu begrüßen: Das Gesetz soll, so das Ziel, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen verbessern und ein vollumfängliches, an ihren spezifischen Bedarfen orientiertes Teilhaberecht verankern.

Allerdings gibt es einige gravierende Regelungen, die zulasten der Betroffenen gehen. So legt der Gesetzentwurf die Schwelle für ihre Leistungsansprüche wesentlich höher. Zugleich erhalten die Kostenträger der Eingliederungshilfe verstärkte Steuerungsmöglichkeiten: Hier besteht die große Sorge, dass die Kostenträger unter finanziellen Gesichtspunkten bei Menschen mit schwerst- und mehrfachen Behinderungen sowie schweren psychischen Erkrankungen  und einem dadurch nötigen hohen Unterstützungsbedarf versuchen werden, diese in einer Pflegeeinrichtung unterzubringen. Denn dann liegt die Finanzierung bei der Pflegeversicherung - und geht nicht mehr zulasten der Eingliederungshilfe. "Wir fordern, dass diese Menschen nicht benachteiligt werden und weiterhin die Versorgung erhalten, die sie benötigen", sagt Dr. Elke Groß, Abteilungsleiterin und Fachfrau für die Behindertenhilfe. "Daher ist eine Unterbringung dieser Betroffenen in Pflegeeinrichtungen aus Kosteneinspar-Gründen strikt abzulehnen", bekräftigt Groß. Auch müssen weiterhin alle notwendigen, am individuellen Bedarf des Einzelnen orientierten Kosten vom Sozialhilfeträger erstattet werden, so die Fachfrau.

Um den Forderungen nach Korrekturen am geplanten Gesetz Nachdruck zu verleihen, haben der Diözesancaritasverband Limburg, der Deutsche Caritasverband, die Caritas-Landesarbeitsgemeinschaft Behindertenhilfe und Psychiatrie in Hessen, der Fachverband Caritas-Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie die Liga Hessen in Stellungnahmen und in zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen landes- und bundespolitischen Entscheidungs- und Einflussträgern ihre Kritik wie auch ihre Änderungsvorschläge platziert; diese haben zugesagt, sich für Nachbesserungen am BTHG einzusetzen.

Massive Kritik am BTHG kommt zugleich aber auch von den Betroffenen selbst: Sie haben sich über ihre Angehörigen mit der DACB (Diözesanarbeitsgemeinschaft der Angehörigenvertretung in Caritaseinrichtungen der Behindertenhilfe im Bistum Limburg) und einer ausführlichen Stellungnahme an die Bundes- und Landespolitiker zu Wort gemeldet: Gerade für Menschen mit schwer mehrfacher Behinderung ist es wichtig, dass sie in, speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten stationären Einrichtungen wohnen können – wenn sie das wollen. Die Betroffenen befürchten, dass sie – aufgrund der unterschiedlichen finanziellen Leistungserbringer – am Ende auf den Mehrkosten für die Unterbringung in einer Spezialeinrichtung sitzen bleiben oder sie ambulant betreut werden müssen. Oder dass sie aus den genannten Kostengründen in Pflegeeinrichtungen abgeschoben werden. Echte Teilhabe, optimale Betreuung und die Teilhabe am Arbeitsleben, ohne Leistungsanforderungen - das ist das, was Menschen mit (schweren und mehrfachen) Behinderungen brauchen. Diese Chance sollte mit dem neuen BTHG genutzt werden.

Hintergrund: Seit Jahren steigen die Kosten in der Eingliederungshilfe: Wurden im Jahr 1994 noch knapp 6 Milliarden Euro ausgegeben, so waren es 2013 bereits 15 Milliarden Euro, die laut Prognose im Jahr 2020 auf 22 Milliarden Euro ansteigen werden. Grund dafür sind steigende Fallzahlen, vor allem bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Daher fassten die Arbeits- und Sozialminister aller Bundesländer den Beschluss, die Eingliederungshilfe zu reformieren und ein modernes, personenzentriertes Teilhaberecht zu schaffen. Hierfür soll das BTHG dienen, dessen Erarbeitung die Bundesregierung 2013 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat.

Weitere Informationen: Dr. Elke Groß • Abteilungsleiterin Alten-, Gesundheits- und Behindertenhilfe • Telefon: 06431 997-183 • elke.gross@dicv-limburg.de


 
 
   

Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Limburg e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Text und Redaktion:
Petra M. Schubert
Telefon: 06431 997-113 • Telefax: 06431 997-114
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