Von Katja Schmidberger / TLZ
Eisenach. Die Verunsicherung ist groß. Das fremde Deutschland, neue Gesetze. Wie gestaltet sich das Ankommen nach der Flucht aus der Ukraine? Diejenigen, die hier bleiben wollen, beantragen Asyl. Shradha Thapa-Schmidt von der Asyl- und Flüchtlingssozialberatung der Caritas ist seit Jahren für ukrainische Flüchtlinge und Helfer eine wichtige Ansprechpartnerin. Seit 2009 gibt es unter Trägerschaft der Caritas die Flüchtlingsberatung in Eisenach, 2019 kam die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer dazu.
Freunde und Verwandte helfen finanziell
Noch befindet sich die Beratung ukrainischer Geflüchteter in der Anfangsphase, sagt Shradha Thapa-Schmidt. Gut zehn Anfragen hat die Leiterin der Beratungsstelle bislang gehabt, ausschließlich telefonisch. Fragen und Probleme ähneln sich. Wo können sich Flüchtlinge melden? Wie kommen sie an Lebensmittel und Kleidung, wo können sie unterkommen, wie erfolgt die ärztliche Versorgung? Momentan haben die in Eisenach und Wartburgkreis angekommenen Kriegsflüchtlinge noch keine Bescheide nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Trotzdem brauchen sie finanzielle Hilfen. Das leisten in vielen Fällen derzeit Freunde und Verwandte oder Freiwillige, die Menschen bei sich aufgenommen haben oder es wird zunächst über Spendenkonten reguliert. Zusätzlich können ukrainische Staatsbürger nur mit Vorlage ihres Passes in der Kleiderkammer des DRK-Kreisverbandes Eisenach Kleidung bekommen. Gleiches gilt für die Eisenacher Tafel, wenn man dort seine ukrainische Identität nachweist. Die Tafel-Beiträge, sagt Shradha Thapa-Schmidt, werden momentan aus dem Beihilfefonds der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas beglichen. Nächster Schritt sei danach die formale Anmeldung über die Ausländerbehörde. Der Umgang mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen sei anders als 2015/2016, meint die Leiterin der Asyl- und Flüchtlingssozialberatung. Die Menschen sind mehr bereit, in den eigenen vier Wänden jemand aufzunehmen. Doch die erfahrene Beraterin rät Helferinnen und Helfern zu überlegter Handlungsweise. Schließlich sei nicht klar, wie lange die Menschen bleiben. Eine Betreuung ziehe einen ganzen Rattenschwanz an Zeit und Hilfen nach sich. "Das bedenkt nicht jeder", sagt sie.
Flüchtlingsberatung auf stabilere Beine stellen
Die Beratungen in der Eisenacher Anlaufstelle werden in den kommenden Wochen stark zunehmen. Dazu muss die Finanzierung der Asyl- und Flüchtlingssozialberatung wieder überdacht und langfristiger angelegt werden, betont Thapa-Schmidt. Nach dem Ansturm vor gut sechs Jahren wurde die Finanzierung neu ausgerichtet. Fördersätze an die Träger wurden reduziert. Hinzu kommt die Veränderung in der kommunalen Struktur durch den Übergang von Aufgaben an den Kreis, die in die Arbeit vor Ort hineinspielt. Shradha Thapa-Schmidt nennt ein Beispiel. Anders als früher sind die Stunden, die Mitarbeiter in der Beratung leisten, klar abgrenzt. Für Beratung von Asylbewerbern gibt es höhere Stundenumfänge, bei den anerkannten Flüchtlingen sind diese geringer. Aber die meiste, auch zeitintensive Arbeit hat die Caritas-Flüchtlingsberatung in Eisenach mit anerkannten Flüchtlingen. Rund 1200 Klienten betreute man hier im letzten Jahr. Die Zahl der Asylbewerber, die Hilfe über die Beratungsstelle benötigten, war indes gering. Jetzt wie auch in der jüngeren Vergangenheit kommen viele anerkannte Flüchtlinge, die Hilfe bei der Verlängerung ihres Aufenthaltstitels benötigen und Klärungen wollen, was Leistungen vom Jobcenter oder Sozialleistungen betrifft. "Viele sind auch verunsichert, weil durch die Fusion ihre Ansprechpartner andere geworden
sind", sagt die Leiterin. Und suchen deshalb Hilfe bei ihr und ihren Kollegen. Shradha Thapa-Schmidt wünscht sich, dass die Arbeit in der Flüchtlingsberatung deutschlandweit auf stabilere Beine gestellt wird. Wie wichtig ihre Arbeit ist, sehe man ja jetzt wieder. Da müssen auch die Bedingungen der Mitarbeiter verbessert werden. Seit Jahren sind Verträge nur auf ein Jahr befristet, werden zwar immer wieder verlängert, aber die Ungewissheit bleibt. Es braucht eine längerfristige Perspektive. "Nur so kann etwas aufgebaut werden, was Mehrwert hat."
Presseartikel der Thüringischen Landeszeitung vom 15.03.2022