Caritas-Newsletter
    KAM-Newsletter13/2012
 
 
  Sehr geehrte Damen und Herren, 
Thema dieses Newsletters: Tagungsbericht: Religion und Migration, 05.05.2012 in Hildesheim
Mit freundlichen Grüßen 
KAM-Redaktion
 
 
Tagungsbericht: Religion und Migration, 05.05. 2012 in Hildesheim


„Religion und Migration“: Ein Dach für die Seele
„Ein entgegenkommendes Miteinander mit den Menschen, insbesondere mit dem Fremden, ist Maßstab für Grad und Entwicklung einer Zivilisation“, sagte der Hildesheimer Bischof am 5. Mai, beim Symposium „Religion und Migration“ vor rund 100 Gästen in der Hildesheimer Dombibliothek. Norbert Trelle ist Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Das Überschreiten von Grenzen gehört zum Wesen des Menschen und hat auch eine religiöse Dimension. Selbst Gott habe durch seine Menschwerdung eine Grenze überschritten und dadurch „geradezu die Fremde und das Fremde gesucht“, sagte Trelle in einem einleitenden Wort zum Symposium. Jedem Aufbruch liege eine Verheißung auf ein besseres Morgen zugrunde, so der Bischof weiter. Wichtig sei, dass Fremde in ihrer neuen Heimat Wurzeln schlagen können. „Der Zusammenhalt der Familie und das Leben in gemeinsamen Glaubenstraditionen sind ein solcher Wurzelgrund, in dem neu Heimat wachsen kann“, glaubt der Bischof und erinnerte an seine Mutter, die auf der Flucht in den Nachkriegswirren in Herleshausen zum ersten Mal wieder eine Messe besuchen konnte. Da habe sie gespürt, „wieder daheim zu sein“ und „ein Dach für ihre Seele“ gefunden zu haben, zitierte der Bischof aus den Erinnerungen seiner Mutter.

In ihrem Eröffnungsvortrag über „Migration als Gabe und Aufgabe für die Kirche“ verdeutlichte Prof. Dr. Regina Polak von der Universität Wien anhand von Zahlen, dass Europa längst zu einer „Migrationsgesellschaft“ geworden ist. International gibt es nach Angaben der UNO etwa 214 Millionen Migranten, 72,5 Millionen sollen es in Europa sein, das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 8,7 Prozent. Einem Verständnis von Integration als völliger Angleichung erteilte die Wienerin eine Absage. Integration bedeutet nach ihrem Verständnis vielmehr ein „Zusammenleben in Vielfalt“, das einen Beitrag von allen fordere. Auch wenn die Kirchen auf diesem Gebiet schon viel getan hätten, so spüre man doch auch dort noch zu oft „Harmonisierungstendenzen“, also den Hang zur Ausgrenzung Andersartiger, bemängelte die Wissenschaftlerin.

Nach Ansicht von Ulrich Pöner etwa hat die Kirche vier Aufgaben bei der Integration zu erfüllen: Sie muss sich für Verfolgte einsetzen, katholischen Migranten Brücken bauen in deutsche Gemeinden hinein, Andersgläubigen die Integration in die Mehrheitsgesellschaft erleichtern und den „Deformationstendenzen unserer Gesellschaft“ entgegenwirken, so der Mitarbeiter der Deutschen Bischofskonferenz. Nur eine Gesellschaft, die trotz aller Tendenzen zur Säkularisierung noch Werte aufzuweisen habe, könne überhaupt attraktiv sein für Migranten, erklärte Pöner seine Thesen.

Mit einer interessanten These wartete Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning von der Universität Duisburg-Essen auf. Ihre Forschungen hätten gezeigt, dass viele junge christliche Menschen in Deutschland zwar religiöse Werte hätten, aber dennoch kein Bedürfnis nach Religion, daher auch ihren Glauben kaum noch kennen. Die religiös sehr stark sozialisierten muslimischen Jugendlichen fänden daher in der Mehrheitsgesellschaft kaum Gleichaltrige, die ihnen kompetent über das Christentum Auskunft geben könnten. Die Angebote der Muslime zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch blieben daher oft unerwidert.

Prof. Dr. Hans-Joachim Sander (Salzburg) und Prof. Dr. Karen Joisten (Kassel) näherten sich dem Themenkomplex schließlich von der theologischen beziehungsweise philosophischen Seite. Gewohnt pointiert beeindruckte der Journalist der „Süddeutsche Zeitung“ Dr. Heribert Prantl mit einer schonungslosen Bestandsaufnahme der Situation von Migranten in Europa. Angesichts tausender Afrikaner, die auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer ertrinken, warf er dem wohlstandsgesättigten Europa eine „Todsünde“ vor und machte die Subventionspolitik der EU mitverantwortlich für das Elend in den Herkunftsländern der Migranten. Prantl erinnerte daran, dass auch die deutschen Migranten in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts feindselig behandelt wurden, was hierzulande kaum bekannt sei. Die deutsche Auswanderung komme im nationalen Gedächtnis kaum vor. Wäre dies anders, müssten die Deutschen keine solche „Heidenangst“ vor Einwanderung haben. Prantl wünscht sich eine Gesellschaft, die Heimat bleiben könne für die Altbürger und Heimat werden für Neubürger Deutschlands. Wenn es gelinge, einander gelten zu lassen, dann könnte Einwanderung schließlich auch als Chance und Bereicherung gesehen werden.

Das Bistum plant, die gesammelten Vorträge des Symposiums über „Religion und Migration“ bis zum 70. Geburtstag von Bischof Norbert Trelle am 5. September in einem Tagungsband herauszugeben. 
   



 
 
   

Die Redaktion 
kam@caritas.de 
Telefon: +49(0)761 200-376 

Änderungen der E-Mail-Adressen oder Abbestellungen des Newsletters können Sie selbst auf unserer Homepage mit dem Button Newsletterabo vornehmen. 
http://www.kam-info-migration.de

 




Sie erhalten diesen Newsletter, weil Ihre Adresse in unserer Datenbank gespeichert ist.
Sollten Sie kein weiteres Interesse an unserem Newsletter haben, können Sie sich hier abmelden.